Einführung eines Ansatzes der Kreislaufwirtschaft | FORTNA

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Konzept zur Einführung einer Kreislaufwirtschaft

ESG-Initiativen und -Berichterstattung (ESG = Environmental, Social, Governance, d. h. verantwortungsvolles Agieren hinsichtlich Umwelt, Sozialem und Unternehmensführung) gewinnen im Zusammenhang mit Supply Chains immer mehr an Bedeutung. Ein Bestandteil dieser Thematik ist die Entwicklung eines Konzepts zur Einführung einer Kreislaufwirtschaft.

ESG-Initiativen sowie eine entsprechende Berichterstattung haben zunehmend Priorität, wenn es um Prozesse in Supply Chains und Distribution geht. Teil der allgemeinen Diskussion über ESG-Praktiken ist die Einführung einer Strategie zur Kreislaufwirtschaft für die Unternehmensbereiche Planung, Produktion und Distribution. In einem kürzlich erschienenen Gartner-Bericht1 heißt es, dass 70 % der 25 größten Supply Chain-Unternehmen die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft in ihre Innovationen und ihre Planung einbeziehen. Außerdem würde die Berücksichtigung einer Kreislaufwirtschaft Milliarden von Dollar in der Weltwirtschaft freisetzen, Hunderttausende von Arbeitsplätzen schaffen und zur Vermeidung von Emissionen in Millionen Tonnen Höhe beitragen.

Eine Kreislaufwirtschaft erscheint sinnvoll, keine Frage, und wirkt sich vielfach positiv aus. Warum ist sie dann nicht längst Standard, sondern bildet immer noch die berühmte Ausnahme der Regel? Der folgende Artikel erklärt, was eine Kreislaufwirtschaft ist, führt ihre Bedeutung aus und benennt auch Hindernisse, die ihre Umsetzung erschweren.

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Was ist eine Kreislaufwirtschaft?

Die meisten Unternehmen arbeiten nach einem traditionellen linearen Geschäftsmodell:

  • Take: Beschaffung von Rohstoffen
  • Make: Herstellung eines Produkts
  • Dispose: Entsorgung des Produkts nach Benutzung (auf einer Mülldeponie oder in einem Recyclingzentrum)

In einer Kreislaufwirtschaft wird jeder Schritt von der Entwicklung und Herstellung über den Gebrauch bis hin zur Entsorgung eines Produkts untersucht, um Abfälle zu reduzieren und Möglichkeiten für eine längere Nutzung bzw.Wiederverwendung des Produkts und der verwendeten Rohstoffe zu schaffen. Dieses geschlossene Kreislaufsystem umfasst:

  • Wiedervendbarkeit: Durch die Schaffung eines Systems für reibungslose Retourenprozesse und Qualitätskontrollen können Unternehmen neue, weniger oder auch stärker gebrauchte Produkte in geeigneter Weise wiederverwenden. Dieser Weg bietet neue Möglichkeiten, Umsatz zu generieren und und Produktionskosten zu senken.
  • Refurbish: Wenn kreislaufwirtschaftliche Aspekte schon in der Planungs- Phase berücksichtigt werden, können Produkte mit einer längeren Lebensdauer hergestellt werden - Reparatur und späterer Wiederverkauf bereits einkalkuliert.
  • Wiederverwertung: Die Beseitigung von Abfall, Komplexität und Toxizität im Entwicklungs- und Herstellungsprozess kann es Unternehmen erleichtern, zurückgegebene Produkte zu zerlegen, um ihre einzelnen Bestandteile für andere Produkte wiederzuverwenden. Bei mechanischen Produkten bedeutet dies, dass Teile eines gebrauchten oder älteren Geräts verwendet werden, um entweder neue oder generalüberholte Produkte herzustellen.
  • Recycling: Wenn ein Produkt oder Teile eines Produkts wirklich das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, können sie durch Recycling in ihre Kernelemente zu neuen und nützlichen Rohstoffen umgewandelt werden.

Warum ist eine Kreislaufwirtschaft wünschenswert?

Bei einem rekordverdächtigen Tauchgang im Marianengraben2 , der mehr als 2.000 Meter unter dem Meeresspiegel liegt und als einer der tiefsten Orte der Erde gilt, fanden Taucher eine Plastiktüte und ein Bonbonpapier. Auch wenn dies ein extremes Beispiel für Umweltverschmutzung ist, sind sich die meisten Experten einig: Unternehmen müssen die Notwendigkeit, Müll in Deponien, Flüssen und Meeren zu reduzieren und den CO2-Fußabdruck der Bevölkerung zu verringern, als festen Bestandteil in die Richtlinien ihrer ökologischen Verantwortung integrieren.

Neben den Vorteilen für die Umwelt wirken sich Praktiken der Kreislaufwirtschaft auch positiv auf die Supply Chains von Unternehmen aus:

  • Müllreduzierung: Die Schaffung eines betrieblichen Umfelds, in dem Müll an jedem Punkt der Produktion auf ein Minimum reduziert oder für das Recycling aufbewahrt wird, führt dazu, dass geringere Materialmengen entsorgt werden müssen - das senkt die insgesamten Entsorgungskosten erheblich.
  • Effiziente Beschaffung: Die Rückgewinnung von Materialien, die über von Kunden retournierte Artikel gewonnen werden, verringert den Bedarf an Rohstoffen für die Produktion .
  • Neue Wege, Umsatz zu generieren: Ein Geschäftsbereich für gebrauchte Produkte und Retouren eröffnet neue Umsatzmöglichkeiten. Beispiele hier: Das Angebot von Second-Hand- oder refurbished-Produkten. So werden zurückgenommene Produkte in verwertbare Komponenten zerlegt, um diese anschließend auf einem einzeln zu verkaufen. Die Fülle der Möglichkeiten hängt davon ab, wie kreativ und einfallsreich das initial design als Grundstein für ein erfolgreiches Business ist.
  • Compliance: Über ESG und die Vorzüge mögen die Meinungen auseinandergehen. Unbestritten ist aber, dass die Berichterstattung sowie Vorschriften in puncto Nachhaltigkeit verpflichtend werden. Durch die Einführung von entsprechenden Praktiken, die eine Kreislaufwirtschaft unterstützen, gelingt es Unternehmen, den gesetzlichen Anforderungen einen Schritt voraus zu sein und sich gleichzeitig ein positives Image als umweltbewusstes Unternehmen aufzubauen.
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Rückblick auf die Kreislaufwirtschaft: 1970er Jahre

Disco-Musik, Jeans mit Schlaghosen und Telefonapparate waren Teil der 1970er Jahre. Damals wurden Getränke noch nicht in (leicht wegzuwerfenden) Plastikflaschen, sondern ausschließlich in Glasflaschen ausgeliefert. Dies ist ein Beispiel für eine längst nicht (mehr) in allen Ländern praktizierte Kreislaufwirtschaft, die dem Hersteller, dem Verkauf und dem Verbraucher zugute kam. In den meisten Haushalten sammelten die Kunden leere Flaschen, brachten sie in die Geschäfte zurück und erhielten Pfand, normalerweise 2 bis 5 Cent pro Flasche. Der Verkäufer bewahrte das Leergut für den Getränkelieferanten auf, der es abholte, und die leeren Flaschen dann recycelte bzw. wiederverwendete. Dieses Pfandsystem, das vor allem in Deutschland inzwischen auf PET-Flaschen ausgeweitet wurde, in den meisten anderen Ländern ihingegen nicht (mehr) existiert, liefert ein gute Beispiel für eine gelungene Kreislaufwirtschaft: Der Verbraucher hat einen Grund, das Produkt zurückzugeben (Pfandgeld), der Verkäufer oder Händler hat einen Vorteil, da der Kunde in sein Geschäft zurückkehren und höchstwahrscheinlich das gerade erhaltene Pfandgeld ausgeben wird, und der Getränkehersteller profitiert von einer wertvollen erneuerbaren Ressource.

Hindernisse für die Kreislaufwirtschaft

Obwohl die Kreislaufwirtschaft zahlreiche ökologische und wirtschaftliche Vorteile bietet, ist das Take-Make-Dispose-Modell fest etabliert. Ein echtes Modell der Kreislaufwirtschaft erfordert Engagement, Planung und Change Management. Im Folgenden sind einige der Hindernisse aufgeführt, mit denen Unternehmen konfrontiert werden könnten:

  • Priorisierung des kurzfristigen Gewinns: Sich auf den Umsatz im laufenden Quartal oder Jahr zu berufen, ist natürlich unmittelbarer, als sich zu Investitionen zu verpflichten, die sich möglicherweise erst später auszahlen. Ein schrittweiser Prozess zur Einführung von Kreislaufwirtschaft-Konzepten und -Praktiken erleichtert Unternehmen den Einstieg in eine neue nachhaltige Arbeitsweise und ihre Rahmenbedingungen.
  • Bestehende Prozesse optimieren: Die Anpassung der Produktentwicklung im Hinblick auf eine längere Nutzungsdauer und auf einen leichteren Split in einzelne Komponenten ist ein Angehen und kann eine erhebliche Hürde darstellen. Das verdeutlicht, wie wichtig die vorherige Planung ist und rechtfertigt entsprechende Investitionen. Auch bei der Beschaffung der richtigen Rohstoffe muss ein Unternehmen mit Partnern zusammenarbeiten, um Kosten und die Müllproduktion im Blick zu behalten.
  • Kundenverhalten: Es gibt immer mehr Menschen, die bereit sind, mehr für nachhaltige Produkte zu bezahlen. Allerdings wächst diese Gruppe langsam.3 Die Mehrheit kauft weiterhin billige Wegwerfprodukte und folgt damit dem linearen Modell. Es ist schwierig, hier ein Umdenken zu erreichen. Experten zufolge trägt der Generationswechsel dazu bei, das Denken und Kaufverhalten zu ändern und die Kreislaufwirtschaft in den Vordergrund zu rücken.
  • Komplexität der Supply Chains: Auch wenn die Kreislaufwirtschaft auf den ersten Blick einfach erscheint, erhöht ihre Anwendung die Komplexität in der Supply Chain: Fulfillment und Retourenmanagement müssen zuverlässig funktionieren. Außerdem müssen weitere Prozesse etabliert werden, die ebenfalls reibungslos laufen müssen: Prüfung und Steuerung der Retouren sowie Sicherstellung der schnellen Rückführung in den Wiederverkauf erfordern ein hohes Maß an Automatisierung, Software und Prozessen.
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Auch wenn eine funktionierende Kreislaufwirtschaft mitunter unerreichbar oder unmöglich erscheint, gibt es viele Unternehmen die entsprechende Prozesse eigeführt haben oder sie einführen.

  • IKEA4 will bis 2030 klimapositiv sein und zu 100 Prozent zirkuläre Möbel verkaufen, die aufgearbeitet und wiederverkauft werden können. 2020 wurde im Herkunftsland Schweden die erste Filiale für Secondhand-Möbel eröffnet.
  • Globetrotter5 , der grösste selbständige Outdoor-Händler Europas kennzeichnet besonders nachhaltige Produkte und bietet fachgerecht aufbereitete Secondhand-Ware an.
  • H&M6 hat ein Programm zur Sammlung von Kleidungsstücken entwickelt, bei dem die Kunden ihre alten Kleidungsstücke, unabhängig von der Marke, in einem beliebigen Geschäft abgeben können und einen Gutschein für ihren nächsten Einkauf erhalten. Außerdem unterstützt ihre Initiative The Circulator Modedesigner bei der Auswahl von kreislauffähigen und nachhaltigen Materialien für ihre Entwürfe.

FORTNA unterstützt Sie

ESG, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind alles Konzepte, die die Supply Chains in den nächsten 20 bis 30 Jahren prägen werden. Die Auswirkungen auf den operativen Betrieb und das Endergebnis werden neben den Auswirkungen des Betriebs auf die Umwelt gemessen werden. FORTNA unterstützt Sie bei der Einführung nachhaltiger Prozesse, Kreislaufwirtschaft und bei der Berichterstattung an das Managementboard, an Kunden und Aufsichtsbehörden.

Veröffentlicht/aktualisiert am 26.9.23